Wie starte ich meine erste Radreise?

Immer mehr Menschen entdecken das Abenteuer Radreise für sich. Entschleunigt am Weg zu sein, das Wechselspiel von Natur, Land und Leute vom Rad aus zu erleben, erfüllt mich mit Freude. Der Kontakt mit Menschen aus der Region ergibt sich am Rad ganz von selber. Im Urlaub ohne Lärm und Abgase am Weg zu sein, ist einfach genial. Nach einem Dutzend Radweitreisen, habe ich für Radeln in Döbling meine Erfahrungen zusammengetragen. Beim letzten Gruppentreffen kamen noch Erfahrungen von anderen Radreisenden zu Kartenmaterial, Navigation, Packliste, Unterkunft oder Anreisetipps dazu.

 

Radtrilogie: Fahrradinfrastruktur, Höhenunterschiede und Wetter

Besonders für Neulinge ist es wichtig, auf gute Radinfrastruktur zu achten. Dabei geht es sowohl um baulich getrennte Radwege als auch um die Beschilderung der Radroute. Hier weisen Länder erhebliche Unterschiede auf. Das Radwegenetz in Österreich, Deutschland und der Schweiz ist zum Beispiel wesentlich besser ausgebaut als jenes in Italien oder Kroatien. Die Europäische Union hat 15 EuroVelo Langstreckenradwege durch Europa mit den Mitgliedsländern festgelegt, die bis im Jahr 2020 fertiggestellt sein sollen. Zwei davon führen direkt durch Wien.

Eine tolle Online-Ressource für die Planung ist Biroto, das für mehrtägige Radtouren in Europa rund 700 offizielle Radwege wie auch ebenso viele Radtouren von Mitgliedern samt Tourenberichte vereint. Im Gegensatz dazu bietet die Open Cycle Maps das „nackte“ Rad-Kartenmaterial auf Basis von Open Streets Maps an. Wer einen Tourenbericht für die zu Hause gebliebenen schreiben will, kann das nicht nur in Biroto, sondern auch animierter in tripmii machen.

Hinweise zu der Oberfläche eines längeren Radweges – wie der grobe Schienenschotter auf der Parenzana in Istrien – sollten bezüglich der Radausstattung beachtet werden (sh. Radauswahl weiter unten). Fortgeschrittene wählen auf manchen Etappen auch mal lieber den Straßenweg für einen besseren Belag oder eine direkte Routenführung.

Langanhaltende oder starke Steigungen stellen für Radreisende auf Grund des zusätzlichen Gewichtes am Rad eine Herausforderung dar. Viele Radfernradwege werden deswegen entlang von Flüssen oder auf ehemaligen Bahnterrassen geführt. Bekannte Beispiele sind der Donau-, Mur-, Drau- oder der Elbe-, March-, Moldau- oder der Alpe-Adria-Radweg. Die bekannten Radreiseführer mit praktischer Spiralbindung gibt es von bikeline. Oder man lässt sich inspirieren von einem Radreisebuch wie „Die schönsten Radtouren in Europa – auf zwei Rädern den Kontinent entdecken“ von Thorsten Brönner bzw. von dem Radreise Magazin RADtouren.

Auf dem Rad sind Reisende den Umwelteinflüssen wie Regen, Wind oder Temperaturschwankungen wesentlich stärker ausgesetzt. Dies sollte bei der Planung berücksichtigt werden. Vor Antritt der Reise ist es hilfreich, regelmäßig die Wetterprognose zu verfolgen, um bei anhaltender Schlechtwetterlage gegebenenfalls eine Routenänderung vornehmen zu können. Sinnvoll für Neulinge ist es die Route so zu wählen, dass an „Ausstiegspunkten“ bei Bedarf auf öffentliche Verkehrsmittel umgestiegen werden kann.

 

Welches Rad benötige ich?

Die meisten gut gewarteten StVO konformen Alltagsräder sind auch reiseradtauglich. Wichtig dabei ist, sich auch nach mehreren Stunden Fahrt immer noch wohl darauf zu fühlen. Natürlich kommt dem Sattel dabei eine besondere Bedeutung zu. Ein stabiler Gepäckträger samt Packtaschen ist jedenfalls zu empfehlen, eine Lenkertasche für Wertsachen vorteilhaft. Reifen mit Pannenschutz sorgen für eine sichere Fahrt, auch wenn es einmal holprig wird. Für die gute Bewältigung von Steigungen, bietet sich eine „breite Gangschaltung“ an. Um Schotterpisten mit voller Beladung längere Zeit auszuhalten, ist ein einfaches Mountainbike sinnvoll, bei Reisen auf Asphalt und ab und zu einem Feldweg reicht ein Trekking- oder Tourenrad.

 

Was soll ich mitnehmen?

Generell gilt, nicht zu viel einpacken. Jedes Kilogramm weniger am Gepäckträger ist mehr Freude bei der Fahrt. Also besser weniger mitnehmen, zur Not kann auch auf der Reise, das eine oder andere erworben werden. Die Kreditkarte jedenfalls nicht vergessen! Meine persönliche Packliste habe ich hier zusammangestellt.

 

Wie navigiere ich während der Reise?

Generell empfiehlt sich eine Route zu wählen, die ausreichend beschildert ist, sodass nicht an jeder Kreuzung Halt gemacht werden muss, um herausfinden, in welche Richtung es weitergeht. Trotz der Beschilderung ist es hilfreich, den gesamten Streckenverlauf im Auge zu behalten. Entweder mit herkömmlichen Straßenkarten bzw. Radreiseführern wie bikeline, einem Fahrradnavigationsgerät oder eine App für das Smartphone.

Die sehr benutzerfreundliche Fahrradnavigation Naviki ermöglicht die Planung auf der Website und Navigation per Smartphone am Fahrrad. Eine Alternative dazu ist die Outdoor Navigationslösung Tahuna. Mit ihr kann entweder ebenso am Smartphone navigiert werden, oder zwecks Ausfallsicherheit mit einem vollwertigen mini Radnavigationsgerät namens Teasi (das One gibt es ab € 130.-) einfach navigiert werden.

Eine weitere Reisekarten-App mit Offline-Fahrradnavigation ist Maps.Me. Die Outdoor Navi-App ViewRanger kann die Open Cycle Map am Smartphone anzeigen und lässt diese auch offline speichern.

 

Wie finde ich eine Unterkunft?Unterkunft (c) Roman Müller

Eine warme Dusche, ein weiches Bett und ein ausgiebiges Frühstück tragen maßgeblich zu einer guten Stimmung während der Reise bei. Frühstückspensionen und kleinere Hotels eigenen sich daher besonders für Radreisende. Außerhalb von Städten sind diese sehr erschwinglich. Wann gebucht wird, ist Geschmackssache. Das Internet ermöglicht es, Buchungen auch erst am selben Tag durchzuführen bspw. über https://www.booking.com Dadurch lässt sich die verbleibende Tagesdistanz an die jeweilige Stimmung, das Wetter und vor allem auch an Tipps, die man auf der Strecke von Einheimischen erhalten hat, anpassen.

Problematisch kann gerade im deutschsprachigen Raum werden, dass Zimmer nicht für eine Nacht vermietet werden. Länderspezifische Seiten wie Bett + Bike berücksichtigen genau diesen Umstand, genauso wie Tourismusinformationen, die gerne kleine und günstige Pensionen, die im Internet oft nicht zu finden sind, vermitteln.

Ein Angebot, das Radreisende aus aller Welt anbieten und nutzen – und das ist auch gleich ein Teil der Nutzungsbedingung – ist Warm Showers. Analog zu Couchsurfing werden Radreisende kostenfrei untergebracht und können weltweit ebenso eine Unterkunft finden. Für Asien Reisen können wir Latest Stays empfehlen. Und natürlich sind Radreise mit Zelt besonders intensive Erlebnisse in und mit der Natur, doch davon ein andermal mehr.

 

Wie starte ich meine Radreise? Anreise (c) Roman Müller

Die schönste Art den Radurlaub zu starten, ist direkt vor der Haustüre – ohne Anreise. In kaum einer anderen Form des Urlaubs gelingt es so gut wie bei einer Radreise schon nach wenigen Kilometer in den Urlaubsmodus zu kommen. Falls es sich jedoch um keine Rundtour handelt, so muss spätestens bei der Rückfahrt ein Transportmittel überlegt werden.

  • Zug: In Österreich und den meisten Nachbarländern kann das Rad für einen geringen Aufpreis in fast jedem Regionalzug mitgenommen werden. Bei Fernzügen ist eine Reservierung notwendig. Da die Anzahl der Plätze begrenzt sind, sollte speziell in der Ferienzeit die Reservierung frühzeitig erfolgen.
  • Bus: Manche Buslinien wie ein paar Linien des Flixbus ermöglichen die Mitnahme von Fahrrädern – auch hier ist in der Ferienzeit eine Reservierung wichtig. In touristischen Regionen wie Tirol oder der Schweiz gibt es viele lokale Busse, die Fahrräder mitnehmen.
  • Auto: Zwar eine bequeme Reiseform, allerdings muss immer zum Ausgangspunkt der Reise zurückgekehrt werden.
  • Flugzeug: Soll die Reise in entfernte Länder gehen, so kommt man um das Flugzeug nicht herum. Hier hängt der Preis für die Mitnahme des Fahrrades stark von der jeweiligen Airline ab. Das Fahrrad muss dann in spezielle Kartons oder Taschen verpackt eingecheckt werden. Wer selbst nicht Laufräder ausbauen und Pedale bzw. Lenker abschrauben möchte, kann das Ver- und Entpacken von Fahrradwerkstätten durchführen lassen. Noch einfacher, am Zielort ein Rad ausborgen.
  • Schiff: Für am Meer gelegene Regionen wie für Inselhoppen in Kroatien oder Italien bzw. für Überfahrten in skandinavische Länder ist das Schiff ein ideales Fortbewegungsmittel, da meist ausreichend Platz.

 

Über den Autor

Neben dem Radfahren in der Stadt habe ich vor einigen Jahren mein Interesse für Radfernreisen entdeckt. Meine erste zweiwöchige Tour führte mich gemeinsam mit meinen Eltern durch Italien und Kroatien. Es folgten weitere Touren, wie dem Innradweg, Isarradweg, Dolomitenradweg, Umrundung der Istrien-Halbinsel und meine bisher exotischste Tour durch Thailand. Obwohl ich bereits an vielen dieser Orte in meiner Kindheit war, eröffnet mir das Reisen mit dem Rad einen neuen Blickwinkel. Meine Wahrnehmung wird plötzlich nicht mehr durch eine Autoscheibe getrübt und ich nehme meine Umgebung viel intensiver war. Mit dem Auto oder als Rucksacktourist besuchte ich in der Regel die Metropolen eines Landes, doch es gibt auch so viel Sehenswertes dazwischen, an dem ich sonst einfach vorbeigefahren bin. Besonders der Kontakt mit den Einheimischen einer Region ergibt sich auf dem Rad wie von selbst und es erfüllt mich mit Freude zu sehen, dass abgelegene Regionen durch den Radtourismus wieder neue Perspektiven erkennen und damit der Landflucht entgegengewirkt werden kann. Ich möchte mit meinen Kenntnissen insbesondere Radreiseneulingen motivieren einfach los zu radeln, die Welt zu entdecken und die Seele baumeln zu lassen.