Döblings geheime Chatprotokolle

… gibt es bei uns nicht, und trotzdem kann man über das Video der Podiumsdiskussion zum Krottenbachradweg wirklich staunen. Wer die Diskussion vom 19. Jänner 2022 verpasst hat, der sollte sich den Zusammenschnitt gönnen – es zahlt sich aus! Eine erste Zusammenfassung inklusive der Präsentationen der Expert*innen hatten wir bereits nach der Diskussion veröffentlicht. Jetzt steht die Video-Diskussion allen zur Verfügung, ein beeindruckendes Schauspiel Döblinger Realpolitik.


Zur Video-Langfassung

Für die Menschen, die lieber lesen, haben wir die Diskussion aus dem Chat  zusammengefasst. Von den knapp 100 Teilnehmenden stellten zahlreiche Personen Fragen, von denen Verena Kainrath, die Moderatorin, an das Podium nur einen Teil weiterleiten konnte. Eine Frage wiederholte sich immer wieder: Warum wird in Döbling für zu Fuß Gehende und Radler so wenig umgesetzt?

 

Wie schaut familienfreundliche Verkehrsplanung aus?

„Das wäre ein Traum, wenn die Kinder mit dem Rad zum Fußball oder ins Bad fahren könnten.“ schreibt eine Chat-Teilnehmerin. Wenn es dafür endlich sichere Radfahrinfrastruktur geben würde! „Meine erwachsene Tochter traut sich derzeit nicht auf der Krottenbachstraße mit dem Rad zu fahren, auch ich nicht“. Die ÖVP heftet sich Familienfreundlichkeit auf ihre Fahnen, aber scheinbar weiß man nicht, was damit gemeint sei, so ein Kommentar.

 

Radverkehrsplanung ist Angebotsplanung!

„Wenn eine sicherer Radweg da ist, wird er auch genutzt“. Der Bezirksvorsteher wundert sich über das hohe Potenzial des Radwegs Krottenbach mit 1.450 Radfahrten pro Tag und liest aus den Zahlen vor der Pandemie ab, dass es auch künftig keinen Radweg braucht? Es wäre jetzt so einfach, endlich die Rad-Schlusslicht Position Wiens zu beenden, die Investitionen der Stadt in Döblings Zukunft abzuholen und eine Politik für alle Menschen im Bezirk zu machen, so ein weiterer Zuseher per E-Mail.

Und damit sind nicht Umwege durch Seitenstraßen gemeint: „Ich fordere auch schon lange eine Alternativroute für Autos. Als Anrainer ist es seit Jahren laut.“ Auch Radfahrer*innen wollen kurze Wege und ihre Ziele in akzeptabler Zeit erreichen. Darin unterscheiden sie sich nicht von anderen Verkehrsteilnehmenden. Aber nur Radfahrenden sollen „Alternativrouten“ zugemutet werden. Darum wird gefordert „Nicht weiter unattraktive „Alternativen“ prüfen, sondern jetzt Schritte für den Radweg Krottenbachstraße umsetzen!“

 

Mehr Menschen profitieren von einem Radweg als von Stellplätzen

Immer wieder kommt das Thema „Verteilung von öffentlichem Raum“ auf den Tisch des Chat-Verlaufs. Denn 1/3 Pkw-Verkehr verbraucht 2/3 des öffentlichen Raums. Die politische Chance im Jahr 2019, den öffentlichen Raum im Zuge der Einführung des Parkpickerls neu zu verteilen, wurde in Döbling verpasst. Es wird auch angemerkt, dass es ja hier nicht einmal um Autofahrende gegen Radfahrende geht, sondern um Parkplätze vs. Radweg/Gehweg. „Den Radweg könnten täglich mehr Leute nutzen als die Nutzer*innen der parkenden Autos.“ Laut Machbarkeitsstudie 1.450 Radfahrten pro Tag ab 2025. Letztlich sei aber der Status Quo die massivste Form des gegeneinander Ausspielens, denn hierbei haben die Kfz den meisten Platz, Fußgänger deutlich weniger und Radfahrer in der Krottenbachstraße gar keinen sicheren, wie ein Chat-Teilnehmerin anmerkt.

 

Gesucht: mutige Politik für Lebensqualität für alle und Klimaziele

Wobei die Kommentare im Chat klar machen, dass angesichts der Klimaziele großes Denken erforderlich ist, so wie es in vielen anderen europäischen Städten bereits umgesetzt wird. Denn: „In Zeiten der Klimakrise ist es dringend notwendig die Anzahl von Autos in Wien drastisch zu reduzieren“. Die Bürger*innen, die sich um die Zukunft Gedanken machen, erwarten sich von der Politik jedenfalls zukunftsorientierte Ideen: „Die sind so was von Retro, wir schlittern in eine KLIMAKATASTROPHE und die reden von ein paar Parkplätzen, ich packs einfach nicht!!!!!“

 

Wo ein Wille – da auch ein (Rad-)Weg

Unverständnis gab es auch im Chatverlauf aufgrund der Tatsache, dass bereits ein Mehrheitsbeschluss zur Umsetzung des Radweges in der Krottenbachstraße im Bezirk  2020 gefasst wurde. Was ist das für ein seltsames Demokratieverständnis, dass der Bezirksvorsteher an den Tag legt? „Undemokratischer geht’s ja nicht mehr? Wozu gibt’s dann überhaupt die Bezirksvertretung?“ „Lieferzonen können jedenfalls kein Argument gegen einen Radweg sein. Es gibt für alles eine Lösung, wenn man will!“, so ein weiterer Kommentar. Daher die Forderung: „Zusammensetzen und Radweg UMSETZEN! Damit das Radfahren in Döbling nicht mehr lebensgefährlich ist …“

 

Weitere Fragen, die in der Podiumsdiskussion offen geblieben sind:

  • WANN kommt der Radweg? Die Straße ist unzumutbar in der jetzigen Form! Bitte um Information, wann der Radweg gebaut wird. Beschlossen wurde er ja schon.
  • Welche familientaugliche und sichere Radinfrastruktur wird in Döbling dieses Jahr errichtet werden?
  • Wie hoch sind die Garagen der Umgebung ausgelastet?
  • Wie stark sind die öffentlichen Stellplätze in der Umgebung der Krottenbachstraße ausgelastet?
  • Wie viel Budget hat der Bezirk für Radinfrastruktur in den letzten 2 Jahren ausgegeben?
  • Welche Rad-Projekte wurden seitens der Bezirksvorstehung in Döbling in den letzten 10 Jahren initiiert?
  • Nochmal die Frage: was konkret macht Herr Resch FÜR die Radfahrer? Er ist doch Bezirksvorsteher für ALLE?

Wir bedanken uns sehr herzlich bei allen Beteiligten fürs Mitdiskutieren im Chat. Je nachdem, wie die weiteren Pläne der Stadtregierung aussehen, wird es möglicherweise wieder Aktionen geben. Bleibt dazu auf dem Laufenden über unseren Newsletter oder die Facebook-Gruppe. Danke an das Podium, die Expert*innen, die Moderatorin und alle Zusehenden für die Teilnahme.

 

W24 TV-Beitrag „Krottenbachstraße: Idealzustand gesucht“

Krottenbachstraße: Optimalzustand gesucht - W24 vom 28.1.22